Den Abschluss der Waldlaufserie 1974/75 bildete traditionsgemäß der Philips-Waldlauf im Niendorfer Gehege. Der Jubiläumslauf war für den Veranstalter Anlass, eine neue, abwechslungsreiche und genau vermessene Strecke zu präsentieren. Schon Wochen vorher begutachtete ein junger Ingenieur aus dem Philips Forschungslabor die Strecke, prüfte Bodenverhältnisse, beobachtete Windrichtungen, unternahm schließlich selbst mehrere Testläufe. Trotz der wissenschaftlichen Vorbereitungen konnte er nicht verhindern, dass am Starttag ein quer liegender, kahl geschlagener, mit 62,4 cm Durchmesser nicht übersehbarer Baumstamm die Männerstrecke versperrte. Nun, keiner der Teilnehmer nahm Anstoß an diesem unerwarteten Hindernis oder stieß sich gar daran, war der Boden zudem an dieser Stelle noch besonders aufgeweicht und glitschig. Jeder nahm auch in der dritten Runde mit Bravour diese Hürde - gab sie doch dem Lauf einen Hauch von Cross. Mit fast zwei Metern Umfang lag dieser übrigens weit über dem bei internationalen Crossläufen üblichen Maß. Na bitte. Um 14:10 Uhr startete der erfahrene Kampfrichter Bruno Dreher den ersten Laufwettbewerb. Gemeinsam begaben sich 11 C-Senioren und 10 B-Senioren auf den zweimal zu durchlaufenden Rundkurs. Schnellster auf dieser 1900 m langen Strecke war der unverwüstliche Karl-Heinz Gärtner von der Commerzbank. Leicht, locker und mit einem freundlichen Lächeln für den Zielfotografen siegte er bei den B-Senioren in ausgezeichneten 6:37,4 Minuten. Den Gesamtsieg der Waldlaufserie hatte er sich bereits nach dem 3. Lauf gesichert. Mit 4,8 Sekunden Rückstand kam Klaus Biege, Texaco, auf den zweiten Platz und mit abermals 4,8 Sekunden Abstand erreichte Ronald Zimmer, Schw. Hall, den dritten Platz. Mit dieser Platzierung konnte er sich in der Gesamtwertung um einen Rang verbessern. Erwähnenswert ist noch der achte Platz des schwergewichtigen Diskuswerfers Reiner Bögeholz, Philips, der mit einem furiosen Endspurt noch zwei Läufer hinter sich lassen konnte und damit eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr zeigte. Beständige Form bewies nach wie vor Kay Brodersen, BfG. Er kam mit 6:52,0 Minuten als fünfter von 21 Läufern ins Ziel. Das bedeutete Sieg bei den C-Senioren und Gewinn der Waldlaufserie. Bei den A-Senioren vermisste man den Favoriten auf dieser Strecke, Karl-Heinz Meyer. So kam Gerhard Brinkmann, Haspa, mit 9:08,8 zu seinem ersten Waldlaufsieg. Dicht auf den Fersen folgte Dieter Breitzke, FA Eimsbüttel. Er benötigte 9:11,8 Minuten für die 2800 m. Für Fachleute völlig verblüffend der dritte Platz von Manfred Meier, Philips. Er überraschte auf der Zielgeraden Wolfgang Göthe, Dresdner Bank, und konnte ihn mit einem rasanten Schlussspurt auf den vierten PLatz verweisen. Das ließ an frühere Glanzzeiten erinnern. Am Start noch Schlusslicht schob sich Rolf Orlowski, Philips, in den drei Runden langsam nach vorn und konnte sich mit dem erreichten fünften Platz in der Serienwertung gleich um fünf Plätze verbessern. Waldlauf kann somit auch am letzten Veranstaltungstag noch spannend sein. Das Feld der 13 Läufer kontrollierte von hinten Jürgen Schultz, Philips, der in dieser Waldlaufsaison seine läuferischen Qualitäten entdeckt hat und sich mit Alex Bremer, Philips, spannende Zweikämpfe lieferte. Spannend versprach auch der anschließende Wettkampf der Sprinter zu werden. Die Sprintwertung war zwar schon zu Gunsten von Wolfgang Schröpfer, Texaco, entschieden, doch war der Ausgang diese Rennens auf der bisher längsten Sprintdistanz noch völlig offen. Eine Runde lang folgte Jürgen Hillengass, Philips, im Windschatten den taktisch geschickt laufenden Norbert Flatau, Texaco, und Wolfgang Schröpfer. Auf Zuruf seiner zahlreichen den Wegesrand säumenden Fans explodierte Jürgen förmlich, schob sich vorbei, gewann Meter für Meter und kam in 6:23,2 Minuten unangefochten das Ziel. Damit erreichte er nicht nur Platz zwei in der Serienwertung, sondern das war gleichzeitig sein erster Sieg bei einer Betriebssportveranstaltung. Nur eine Sekunde trennte die folgenden Läufer untereinander. Norbert Flatau kam mit 6:29,6 auf Platz zwei. Sein BSG-Kamerad W. Schröpfer schonte sich für die nächste Saison und begnügte sich mit 6:30,0 und dem dritten Platz, der beinahe noch von Lothar Kreuzberger, Philips, gefährdet wurde und mit 6:30,6 den undankbaren vierten Platz belegte. Olaf Sörensen, Philips, sammelte zwar keine Punkte, aber der Mut der Teilnahme und eine gute Zeit von 8:29,0 unterstreicht seine Vielseitigkeit. Ein Beweis, den viele Zuschauer schuldig geblieben sind.
Übungsleiter Manfred Meier ließ es sich nicht nehmen, den folgenden Start der Seniorinnen und Damen anzukündigen. Sein virtuos bedientes Megaphon verscheuchte zwar Singvögel und Rotwild (kann bei Trainingsläufen tatsächlich beobachtet werden), lockte aber zahlreiche neugierige Spaziergänger an. Zwei (!!!) Seniorinnen und immerhin acht Damen wagten sich auf den 55o m langen Rundkurs. Das Seniorinnenduell entschied mit 5:30,0 Minuten Hannelore Drobisch, HEW, für sich. Ihre Konkurrentinnen hatten nicht mehr als notwendig getan und auf eine Teilnahme verzichtet. So konnte sie ihr Punktkonto optisch verbessern. Meike Möller, Philips, gab mit ihrem ungefährdeten zweiten Platz einen hervorragenden, verpflichtenden Betriebssporteinstand. Susanne Gärtner, Commerzbank, konnte nicht verhindern, auch beim fünften Saisonstart den ersten Platz zu belegen. Die zweimal 550 m lief das Naturtalent "Susi" mühelos in 4:30,6 Minuten. Sechs Sekunden später kam Christiane Röper, Texaco, ins Ziel, die auch in der Gesamtwertung mit sechs Punkten einen ungefährdeten zweiten Platz belegen konnte. Hannelore Walter, Allianz, gab leider nur eine Gastvorstellung und so wurde ihr hervorragender dritter Platz in 4:39,6 Minuten für die Waldlaufserie nicht gewertet. Stürmischen Beifall gab es für Monika Strocka, Philips, die sich mit phantastischem Endspurt in 4:44,6 den vierten Platz erkämpfte, 1,8 Sekunden vor Hanne-Lore Stragies, Tschibo. Ihr Trainingsfleiß wurde mit dem dritten Platz in der Gesamtwertung belohnt. Für zukünftige Betriebssportstarts empfahl sich auch Margret Niethmann, Philips, die sich mit 5:20,8 Minuten respektlos zwischen Rosemarie Rinck, Allianz und Brigitte Härtel, Commerzbank, mogelte. Trotz dieser guten Leistungen scheint es sich leider noch nicht herumgesprochen zu haben, dass Frauenlauf auch Mannschaftssport sein kann, wie er im anschließenden Hauptlauf der Männer mehr als deutlich dokumentiert wurde. 56 namentlich erfasste Mittel- und Langstreckler, darunter 15 Mannschaften, drängelten an der Startlinie, als Bruno Dreher mit ruhiger Hand zum letzten Mal gebieterisch die frisch geölte Startpistole hob. Welch ein erhabenes Gefühl für einen BSG-Kampfrichter. Dreimal war eine Runde von 2100 m zu laufen. Dreimal musste das quer liegende Hindernis bewältigt werden. Dreimal passierte man mit schielendem Blick die beiden Tee-ohne-Rum-Behälter. Der Rauch des auf Anhieb gelungenen Startschusses war noch nicht verflogen, als Bernd Orlowski, Philips, die Initiative ergriff, ein scharfes Anfangstempo vorlegte und sich an die Spitze setzte. Gegenüber den vorangegangenen Startklassen war eine vorzeitige Entscheidung im Hauptlauf noch nicht gefallen. Fest stand, dass der Sieger der Serienwertung Bernd heißen würde. Nur ob Fölschow oder Orlowski musste noch ermittelt werden. Beide hatten zwei erste Plätze zu Buche stehen. Das Publikum durfte sich auf ein spannendes Rennen freuen. Nach der ersten Runde hatte B. Orlowski gegenüber seinen hartnäckigen Verfolgern G. Seemann,Philips, A. Hallex, HEW, und H. Klagge, Dresdner Bank, 20 m Vorsprung. In der zweiten Runde konnte Gerd Seemann aufschließen. Den beiden Führenden gelang es sogar, den Vorsprung auf 40 m auszubauen. Damit war bereits frühzeitig eine Vorentscheidung gefallen. In der letzten Runde behielt die große Routine des ehemaligen Hamburger 10 000 m - Meisters die Oberhand. Der aus dem Profilager zurückgekehrte Gerd Seemann siegte in der phantastischen Zeit von 20:59,0 Minuten und setzte damit neue Maßstäbe für zukünftige Läufe. Bernd Orlowski benötigte für die 6300 m 21:09,0 Minuten. Als schnellster Pfeifenraucher (Richmond Navy Cut macht schnelle Männer schneller) belegte er den zweiten Platz und gewann damit die Waldlaufserie 1974/1975. In zeitlicher Reihenfolge belegte Alfred Hallex, der in Klasse II (Vereinssportler) startete, mit 21:23,4 den dritten Platz vor Gerhard Brinkmann, Haspa, der nach seinem siegreichen Seniorenlauf noch genügend Luft hatte, um 21:33,2 zu laufen. Bernd Fölschow konnte wegen einer dreiwöchigen durch Verletzung bedingten Trainingspause nicht wie gewohnt auftrumpfen und belegte trotzdem noch mit 22:06,0 einen ausgezeichneten vierten Platz. Der zweite Platz in der Serienwertung war ihm schon vor Beginn des Laufs sicher. Seine Leistung war wesentlicher Anteil am zweiten Platz der Feuerwehr in der Mannschaftswertung. Den ersten Platz belegte mit 15 Punkten die BSG Philips. Neben G. Seemann und B. Orlowski war Kurt Voss an diesem Erfolg beteiligt. K. Voss, gleichfalls passionierter Pfeifenraucher (er schwört auf Mac Baren´s), Senkrechtstarter am Betriebssporthimmel, musste im vergangenen Jahr noch zum Start geschoben werden, lieferte sich einen packenden Dreikampf mit Karl-Heinz Gärtner und Jürgen Schliemann, Feuerwehr. Doch die Erfahrung der beiden routinierten Volksläufer setzte sich durch. Nicht nur in der Spitzengruppe wurde um jeden Meter gerungen. Nur zwei Zehntelsekunden trennten Gerd Kaeding, Gaswerke, und Heinrich Hunck, Dresdner Bank, im Ziel. Dramatischer war es noch bei Peter Bich, Allianz, und Bernd Glaser, Philips. Selbst das Zielfoto konnte nicht Klarheit verschaffen. So wurden beide mit 27:17,0 Minuten auf Platz 36 gesetzt. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen gab es zwischen Dr. Kurt Polzhofer, Rapid, und Wolfgang Saß, Coop, um Platz 27 und 28, das Dr. K. Polzhofer mit beachtlichen 25:55,0 für sich entschied und damit seinen zehnten Waldlauf in dieser Serie erfolgreich absolvierte. Eine stolze Leistung. Letztlich gab es bei dieser Veranstaltung nur Sieger. Dafür sorgte, last but not least, der unermüdliche Wolfgang von Lewinski, der darauf achtete, dass auch alle Läufer das Ziel erreichten. - Rolf Orlowski -
|